Wann brauche ich einen Kfz-Gutachter?
Nach einem Autounfall taucht in den meisten Fällen die Frage auf, wer an der Kollision schuld gewesen ist. Für Schäden und mögliche Schadensersatzforderungen des Unfallgegners kommt in der Regel die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers auf. Schäden am Auto des Verursachers werden über die Teilkasko oder Vollkasko abgewickelt.
Viele Versicherer bieten heute entsprechende Tools auf ihren Websiten oder Service-Anwendungen an. Bei kleineren Schäden lässt sich die Schadenhöhe somit meist ganz unkompliziert online oder über den Telefon-Service des Versicherers kalkulieren. Viele Schäden sind aber auf den ersten Blick nicht ersichtlich und werden erst bei einer gründlichen Unfallbegutachtung gefunden. Denn hinter einem kleinen Kratzer an der Stoßstange kann sich durchaus auch eine verzogene Karosserie verbergen – und dann wird es richtig teuer.
Um die Höhe der anfallenden Reparaturkosten oder der Schadensersatzforderungen exakt benennen zu können, beauftragen viele Versicherungen nach einem Unfall oder beispielsweise einem Hagelschaden einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens.
BLITZMERKER
Ein Kfz-Gutachter beurteilt nicht nur die bei einem Autounfall entstandenen Schäden, sondern auch den Wert Ihres Fahrzeuges vor und nach dem Unfall. Wer ihn beauftragt und wer ihn bezahlt, erfahren Sie auf dieser Seite.
Was macht ein Kfz-Gutachter genau?
Der Kfz-Sachverständige nimmt die Schäden, die an Ihrem Fahrzeug entstanden sind, genau unter die Lupe und erstellt ein Unfallgutachten. Dafür dokumentiert er sämtliche Mängel, die nachweislich auf den Unfall zurückzuführen sind, und schätzt den nötigen Aufwand für eine Reparatur. Dieser Nachweis dient Ihnen als Grundlage, um sich die voraussichtlichen Reparaturkosten von der Kfz-Versicherung erstatten zu lassen.
Sollte eine Reparatur nicht mehr möglich sein, wird der Schadengutachter den Wert Ihres Fahrzeuges vor dem Unfall (Wiederbeschaffungswert) und den Wert Ihres Fahrzeuges im beschädigtem Zustand (Restwert) ermitteln. Ein Schadengutachten geht weit über den Umfang eines Kostenvoranschlags einer Kfz-Werkstatt hinaus. Soll heißen: Ein Gutachten deckt auch mögliche Mehr- oder Folgekosten ab, die in einem Kostenvoranschlag nicht berücksichtigt sind wie zum Beispiel Wertminderung oder Wiederbeschaffungswert bzw. Restwert.
Wie erstellt der Kfz-Sachverständige ein Gutachten?
Ein Kfz-Gutachter nimmt das Fahrzeug genau unter die Lupe und prüft es eingehend auf Defekte, Schäden und sonstige Mängel, die tatsächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Alle Fakten werden exakt beschrieben und entsprechend beurteilt. Der Kfz-Sachverständige erstellt sozusagen einen konkreten Steckbrief des Autos, in dem der aktuelle Ist-Zustand und folgende Informationen festgehalten werden:
- technische Daten des Fahrzeugs
- besondere Ausstattungsmerkmale
- detaillierte Beschreibung der Unfallschäden
- Lichtbilder zu den aufgeführten Schäden
- Beschreibung notwendiger Reparaturen
- Kostenkalkulation für die Behebung der Schäden
- benötigter Zeitaufwand für die Reparatur
- Beurteilung, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt
- Dokumentation bereits vorhandener Schäden am Kfz
- Feststellung der Wertminderung und des Restwerts des Fahrzeugs
- Ermittlung des aktuellen Wiederbeschaffungswerts
- Schätzung der Ausfallzeit, wenn Sie zum Beispiel einen Mietwagen brauchen
Wann muss ein Kfz-Gutachter hinzugezogen werden?
Eines gleich vorweg: Ein unabhängiger Kfz-Gutachter kann, muss aber nicht hinzugezogen werden. Das gilt für den Unfallverursacher ebenso wie für den Geschädigten. Aber der Reihe nach. Als Unfallverursacher melden Sie unverzüglich den Schaden Ihrer Versicherung. Bei Schäden an Ihrem eigenen Fahrzeug wird Ihnen die Versicherung die Möglichkeiten der Schadenbehebung aufzeigen. Zur genauen Festlegung der Kosten beauftragt die Versicherung häufig einen Kfz-Gutachter. Sind Sie mit diesem Schadensgutachten nicht einverstanden, können Sie selbst einen unabhängigken Kfz-Gutachter beauftragen – die Kosten für diesen Service bestreiten Sie allerdings aus eigener Tasche. Bei Differenzen zur Schadenhöhe ist anschließend ein Sachverständigen-Verfahren der beteiligten Kfz-Sachverständigen durchzuführen.
Auch der Geschädigte ist gut beraten, den Schaden umgehend bei der gegnerischen Versicherung zu melden. Diese verlangt in den meisten Fällen eine Übersicht der zu erwartenden Kosten für die Behebung der Schäden. Die Schadenshöhenfeststellung kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, wie in Form eines Kostenvoranschlags oder eines Kfz-Gutachtens. Dabei wird die Haftpflichtversicherung vor allem bei größeren Schäden überhalb der Bagatellgrenze von 750 Euro einen Sachverständiger beauftragen. Grundsätzlich haben Sie als Geschädigter aber immer das Recht, darüber hinaus auch einen unabhängigen Kfz-Gutachter hinzuziehen. Diese Kosten werden von der gegnerischen Versicherung übernommen.
Wer beauftragt den Kfz-Gutachter?
Häufig beauftragt die Versicherung des Unfallverursachers selbst einen Sachverständigen. Als Geschädigter haben Sie aber zudem immer das Recht, einen Gutachter Ihres Vertrauens zu beauftragten, der auch von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erstatten ist – mit der Einschränkung, dass Sie selbst kein Mitverschulden an dem Unfall tragen.
Als Geschädigter können Sie den Gutachter frei wählen
Wer beauftragt den Kfz-Gutachter im Kaskofall?
Wenn Sie einen Unfall verschuldet haben, möchten Sie sich den Schaden möglicherweise von Ihrer Teil- oder Vollkaskoversicherung erstatten lassen. In diesem Fall beauftragt die Versicherung einen Gutachter oder schlägt Ihnen alternative Wege der Feststellung der Reparaturkosten vor. So gibt es für kleine Schäden zum Beispiel eine Smartphone-App, die auf Basis von Foto- und Fahrzeugdaten eine Reparaturkosten-Kalkulation erstellt. In manchen Policen ist vertraglich festgelegt, dass Sie im Schadensfall eine bestimmte Vertragswerkstatt aufsuchen müssen. Diese erstellt in der Regel einen Kostenvoranschlag oder beauftragt bei größeren Schäden einen Kfz-Sachverständigen. Sind Sie mit dem Gutachten Ihres Versicherers nicht einverstanden, können Sie auch selbst einen Kfz-Sachverständigen beauftragen – die Kosten dafür müssen Sie in diesem Fall aber selbst tragen.
Was muss ein Kfz-Gutachter können und wie finde ich den richtigen?
In Deutschland ist die Berufsbezeichnung des Gutachters rechtlich nicht geschützt. Daher kann sich im Grunde genommen jeder als Kfz-Sachverständiger bezeichnen, der eine entsprechende Ausbildung genossen hat. Allerdings können Sie sich auf Verlangen hin einen entsprechenden Nachweis zu seinen Fachkenntnissen vorlegen lassen – zum Beispiel in Form eines Zertifikats oder der Urkunde einer Prüfgesellschaft. Sie bestätigt die besonderen Fähigkeiten und Qualifikationen eines Gutachters in einem bestimmten Fachgebiet.
Wer bezahlt den Kfz-Gutachter?
Sollten Sie beispielsweise beim Ausparken ein anderes stehendes Auto touchieren, ist die Schuldfrage klar. Ihre Haftpflichtversicherung kommt für den entstandenen Schaden am gegnerischen Fahrzeug auf, es sei denn, Sie bezahlen den Schaden selbst, um nicht in der Schadensfreiheitsklasse zurückgestuft zu werden. Dennoch kann Ihre Haftpflichtversicherung oder auch der Geschädigte auf einen Kfz-Sachverständigen bestehen, um den Schaden beurteilen zu lassen. Diese Kosten übernimmt die Versicherung, sie sind Teil der von Ihnen verursachten Unfallkosten. Sollte der Unfallgegner ein Mitverschulden am Unfallhergang haben, trägt er anteilig die Kosten am Gutachten. Im Kaskofall beauftragt in der Regel der Versicherer den Gutachter und trägt die Kosten. Sollten Sie eigenständig einen Gutachter beauftragen, müssen Sie die Kosten selbst übernehmen.
Was kostet ein Kfz-Gutachter?
Die Höhe der Rechnung für einen Kfz-Gutachter orientiert sich meistens an der Höhe des entstandenen Schadens. Als Grundlage für die Ermittlung der Kosten dienen entsprechende Tabellen großer Verbände als Bemessungsgrundlagen, anhand derer bestimmte Leistungen zu fixen Beträgen abgerechnet werden. Das Honorar kann aber im Einzellfall individuell verhandelt werden. Bei Bagatellschäden bis 1000 Euro erstellt ein Sachverständigenbüro auch ein kostengünstigeres Kurzgutachten. Die meisten Versicherungen akzeptieren es, vor Gericht wird es allerdings nicht anerkannt. Dann müssen Sie aus Ihrem Kurzgutachten ein komplettes Schadengutachten anfertigen lassen. Je heftiger Ihr Kfz also in Mitleidenschaft gezogen worden ist, umso länger braucht der Gutachter und umso höher fällt auch das Honorar aus. Zusätzlich entstehende Nebenkosten für notwendige Fahrten, Porto, Telefonate oder die Erstellung von Fotos werden gesondert ausgewiesen.
Beispiele möglicher Gutachterhonorare entommen aus einer Honorarbefragung des BVSK im Jahr 2018:
Schadenhöhe netto zzgl. merkantiler Wertminderung bzw. Wiederbeschaffungswert | Grundhonorar | |
von | bis | |
500 Euro | 165 Euro | 230 Euro |
2.000 Euro | 364 Euro | 426 Euro |
3.000 Euro | 442 Euro | 511 Euro |
5.000 Euro | 573 Euro | 657 Euro |
10.000 Euro | 815 Euro | 933 Euro |
20.000 Euro | 1.242 Euro | 1.440 Euro |
Quelle: Allianz Autowelt